Wir alle kennen Situationen, in denen wir nicht weiterwissen, meist sind sie komplex. Das bedeutet, dass Fragen auf unterschiedlichen Ebenen ineinandergreifen. Jede Antwort auf eine dieser Fragen wirkt sich auf die anderen Perspektiven aus. In komplexen Situationen können wir die Zukunft unmöglich vorhersagen, wir können Entwicklungen lediglich im Nachhinein beschreiben. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Dank der Wissenschaft können wir beides recht genau nachvollziehen und viele Millionen Jahre rückblickend beschreiben. Der Mensch ist ca. 300.000 Jahre alt, es könnte auch ein paar mehr sein. Die Geschichte ist relativ gut erforscht – aber wer traut sich zu, die kommenden 5.000 Jahre vorherzusagen? Niemand, jedenfalls kein „vernünftiger Mensch“ (Homo Sapiens).
Manchmal stehen wir also vor unlösbaren Aufgaben. Hier ist es wichtig, Ruhe zu finden und innere Kräfte zu mobilisieren, um Entscheidungen zu treffen, obwohl sie zu unvorhersehbaren Ereignissen führen können. Der Vorteil an unserem hohen Alter ist nämlich, dass wir neben vielen erstaunlichen Fähigkeiten einen sechsten Sinn entwickelt haben, den unbestreitbar jede und jeder von uns hat: die Intuition. In uns hören wir viele Stimmen, die mindestens genau wissen, was uns nicht gut tut. Eine davon ist unsere, die anderen sind von unseren Ahnen, denen während Naturkatastrophen, Kriegen und anderen Herausforderungen offenbar eines immer gut gelungen ist: zu überleben und Erfahrungen weiterzugeben.
Auch wir persönlich haben ja schon ein bißchen was erlebt, je nach Alter mehr oder weniger, aber egal wie jung oder alt wir sind: Intuition ist destillierte Erfahrung. Und die können wir nutzen.
Höre auf die Stimmen Deines inneren Teams.
Stell Dir einen Raum vor, Du sitzt an einem großen runden Tisch, um den herum einige Stühle stehen. Versuche Dir alles ganz genau vorzustellen. Natürlich kannst Du Dir alles so einrichten, wie es Dir gefällt, den Raum, den großen Tisch und die Stühle.
Nun lädst Du in diesen Raum Dich selbst ein, in ganz verschiedenen Phasen Deines Lebens: als Jugendlichen, als Student*in und als Grundschüler*in. An Deinem Tisch sitzt jetzt mindestens ein Kind, ein*e Jugendliche*r und eine Erwachsene*r, vielleicht sind es ein paar mehr. Zum Schluss betritt noch eine Person den Raum, denn Du hast Dich auch als ältere Person eingeladen. Diese Person blickt auf ein langes, ereignisreiches Leben zurück und hat enorm viel Erfahrung. Gleichzeitig weiß sie alles über Dich, kennt Deine Ängste und Hoffnungen – und Deinen Weg. Sie bringt enorm viel Erfahrung ein.
Am Tisch sind aber alle Sichtweisen gleich wichtig, jede*r kommt zu Wort. Denn Du berätst Dich nun mit Deinem inneren Team. Jede Person im Raum kennt Dich ziemlich gut, denn sie war einmal Du, oder wird es irgendwann sein. Höre gut zu, welchen Ratschlag Du Dir selbst in Deiner jetzigen Situation geben würdest. Vermutlich werden ganz unterschiedliche Ratschläge kommen, vielleicht warst Du als kleines Kind noch unbekümmerter, der ältere Mensch wird vielleicht etwas länger abwägen – vielleicht ist es aber genau umgekehrt.
Wenn jede im Raum Dir ihren Ratschlag gegeben hat, überlege nun für Dich, welcher Weg der richtige für Dich ist. Oft ist eine Mischung mehrerer Ansätze die beste Lösung.
Wichtig ist, dass Du von nun an weißt, dass Du jederzeit Dein inneres Team zu allen Fragen und Problemen um Rat fragen kannst. Sie werden Dir immer helfen und Dir mit ihren ganz unterschiedlichen Betrachtungsweisen verschiedene Lösungsmöglichkeiten bieten.
Diese Variante des „Inneren Teams“ kommt aus der Kinder- und Jugendtherapie, eignet sich meiner Erfahrung nach aber hervorragend zur Entscheidungsfindung und zur Ressourcenmobilisierung in jedem Alter und in vielen Situationen.