Die Europäische Zentralbank EZB stellt in einem ab sofort wirksamen Programm innerhalb eines Jahres 1 Billion Euro für soziale Zwecke zur Verfügung. Konkret soll das Geld in Projekte der Kinder- und Jugendarbeit, der Erziehung und Bildung sowie für soziokulturelle und ökologische Projekte bereitgestellt werden, das gab die EZB in einer Meldung bekannt. Auf der anschließenden Pressekonferenz begründete EZB Präsident Mario Draghi diese Entscheidung: „Wir müssen in die Gesellschaft investieren. Menschen darin zu befähigen, fester und verlässlicher Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft zu werden, ist eine Investition, die sich vielfach auszahlen wird. Alle gesellschaftlichen Bereiche werden davon nachhaltig profitieren.“
Dass die EZB Geld in diesem Umfang nutzen würde, um Einfluss auf die Währungszone des Euro zu nehmen, war allgemein erwartet worden. Allerdings gingen Wirtschaftsexperten davon aus, dass der Ankauf sogenannter Staatsanleihen im Mittelpunkt des Programms stehen würde. Mit Anleihekäufen versuchen Zentralbanken üblicherweise, ihre Währungen zu beeinflussen und Deflation vorzubeugen. Der Kauf von Staatsanleihen kommt Banken zugute, die widerum dieses Geld günstig an Investoren weitergeben und so die Wirtschaft stützen sollen.
Dementsprechend deutlich fiel die Kritik an der Entscheidung Draghis aus, das Geld nicht den Finanzhäusern, sondern dem Sozialsektor bereitzustellen: „Die Mittel werden denen fehlen, die in Europa Stabilität und Wachstum garantieren“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes deutscher Banken Jürgen Fitschen.
Unerwartete Unterstützung kam indes aus Deutschland. Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der Anleiheverkäufen stets kritisch gegenüberstand, verteidigte das Programm: „Wer sich mit Wirtschaftssystemen auskennt weiß, dass Geld nie von oben nach unten oder von unten nach oben fließt, sondern in Kreisläufen zirkuliert.“ Und Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ über ihren Sprecher ausrichten: „Alle Entscheidungen der Europäischen Zentralbank sind mit den nationalen Regierungen abgestimmt und werden von uns ausdrücklich unterstützt. Es kann nicht angehen, dass die Milliarden, die von Menschen in Europa erarbeitet wurden, ausschließlich dem Finanzsektor zugute kommen. Diese Sozialinvestitionen werden sich auszahlen. Gesellschaftliche Rendite ist entscheidend für uns alle“.
Auch Hans Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung und eigentlich treuer Kritiker der EZB, unterstützt in diesem Fall Mario Draghi: „Es ist ein mutiges Experiment und überschreitet wahrscheinlich die Kompetenzen der Zentralbank bei Weitem. Aber finanzpolitisch ist es klug. Während Banken das Geld im schlimmsten Fall statt für Investitionskredite für Spekulationen veruntreuen würden, fließt Kapital hier in die Breite. Es ist gut angelegt.“
Dabei birgt das Programm weitere Überraschungen: ein Teil des Geldes soll gar nicht in europäische, sondern in internationale Projekte fließen. In enger Abstimmung mit der Unesco sowie Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International, Greenpeace, Kirchen und Gewerkschaften werden Projekte in Afrika und Asien unterstützt. „Das Recht auf würdige Lebensbedingungen und auf Teilhabe an gesellschaftlichem Miteinander, das Recht auf Zukunftsperspektive ist ebenso global wie die bereits gut vernetzte Wirtschaft“, bekräftigt Draghi auf der Pressekonferenz.
Vor Redaktionsschluss meldete der Vatikan über den persönlichen Account von Papst Franziskus (@Pontifex): „Dies ist ein wichtiger und richtiger Schritt hin zu einer Welt in Frieden und Gerechtigkeit“.
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Kurz danach bin ich aufgewacht.
Der Artikel erschien ursprünglich im Januar 2015 in meinem Blog „Zwo-Punkt-Null“. Alle Zitate und Begebenheiten sind frei erfunden.